MINDSPACE und EAST - zwei Modelle der Behavioural Insights
Da Nudging und Behavioural Insights für einige Interessierte noch nicht so leicht zu greifen sind, möchten wir euch in diesem Artikel zwei Modelle vorstellen, die sehr praxisnah die Instrumente von Behavioural Insights darstellen: MINDSPACE und EAST.
Wie immer: meldet euch gerne bei weiteren Fragen oder Feedback zum Artikel beim Autor: mathias.krisam@laeuft.eu
Hintergrund
MINDSPACE und EAST sind Akronyme (also, die Buchstaben stehen jeweils für Anfangsbuchstaben anderer Begriffe), die verschiedene Elemente der Behavioural Insights verkörpern.
Bei MINDSPACE beziehen sich die Abkürzungen auf die Elemente Messenger (Absender), Incentives (Anreize), Norms (Normen), Default (Standards), Salience (Salienz), Priming (Hervorhebung), Affect (Affekt), Commitment (Verbindlichkeit) und Ego (Ichbezug).
EAST steht für „Easy“ (=leicht), „Attractive“ (=attraktiv), „Social“ (=sozial) und „Timely“ (=zeitlich passend).
Beide Modelle wurden primär durch das Behavioural Insights Team entwickelt, MINDSPACE 2010 und EAST 2014.
Das MINDSPACE-Modell mit Beispielen aus dem Kontext Gesundheit
Messenger: Sie können die Motivation von Mitarbeitern erhöhen, wenn zum Beispiel der Geschäftsführer oder eine angesehene Führungskraft zu einem Gesundheits-Angebot einlädt.
Incentive: Setzen Sie kleine Anreize, wie zum Beispiel Gutscheine, Ranglisten oder Auszeichnungen ein, um Patienten, Mitarbeiter oder Nutzer einer App zu einer Handlung zu motivieren
Norms: Soziale Normen sind sehr effektiv. Stellen Sie transparent dar, wenn die Mehrheit sich anders verhält wie zum Beispiel: „8 von 10 Mitbürgern gehen zur Vorsorgeuntersuchung.“
Default: Hier wird die gesunde Option als Standardoption festgelegt. Das bedeutet, dass wenn ich mich nicht aktiv anders entscheide, ich einfach die gesunde Option wähle. Gut einsetzbar bei Speiseplänen, aber auch bei indizierten Impfungen zum Beispiel während eines stationären Aufenthalts.
Salience: Hierbei geht es darum, die Bedeutsamkeit eines bestimmten Angebots vorzustellen, unter anderen durch auffällige visuelle Botschaften und konkreter anstatt abstrakter Formulierungen.
Priming: Priming bedeutet, dass durch einfache automatische intuitive Reize schnell Informationen oder Aufmerksamkeit übermittelt wird. Gutes Beispiel aus dem Gesundheitsbereich ist die Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln (siehe Nutri-Score).
Affect: Es ist wichtig, dass gerade im Gesundheitsbereich eine Balance herrscht zwischen inhalts- und emotionsbasierten Botschaften. Grundprinzip ist hier: nach Möglichkeit immer positiv kommunizieren!
Commitments: Verbindlichkeit gegenüber eines bestimmten Gesundheits-Ziels steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dieses Ziel tatsächlich zu erreichen. Dies erreichen Sie, indem sie Ihr Ziel oder das Ihrer Patienten/Mitarbeiter öffentlich oder vor einer engen Bezugsperson bekennen und am besten noch einen Betrag hinterlegen, den Sie erst wieder bekommen, wenn Sie das Ziel erreicht haben.
Ego: Wir sind vor allem dann von einer Handlung motiviert, wenn wir unseren eigenen Vorteil darin sehen. Machen Sie daher immer auf die Vorteile des gesunden Verhaltens und konzentrieren Sie sich hier auf unmittelbare Vorteile („Genießen Sie den Sport mit Ihren Kollegen“) anstatt auf zeitlich sehr entfernte oder wenig greifbare (wie zum Beispiel „Vorbeugung des Herzinfarkts“)
Das EAST-Modell - Einfaches einfach erklärt
Easy: Kommunizieren Sie Ihre Informationen so einfach wie möglich und machen Sie die Handlung so einfach und niedrigschwellig wie möglich.
Attractive: Stellen Sie das jeweilige Gesundheitsangebot so attraktiv wie möglich dar („kostenlos“, „extra für Sie“) und spielen Sie mit visuellen und emotionalen Elementen, um die Attraktivität so weit wie möglich zu steigern.
Social: Soziale Normen sind (wie bereits bei MINDSPACE erwähnt) sehr effektiv zum Steuern von gesundem Verhalten. Ebenso stärken soziale Netzwerke Verbindlichkeit (à Commitment) und können sehr motivierend wirken.
Timely: Achten Sie auf den passenden Zeitpunkt. Gute Zeitpunkte für eine Verhaltensänderung können sein: Geburt eines Kindes, Beginn an neuem Arbeitsplatz, Jahresbeginn. Berücksichtigen Sie aber auch immer den Faktor Zeit in Ihrer Planung. Viele tolle Angebote werden nicht wahrgenommen, weil sie zu lange dauern oder nicht in die Tagesroutine passen.
Fazit
Die beiden Modelle geben hervorragende Möglichkeiten, um Behavioural Insights in der Praxis einzusetzen und können als hilfreiche Unterstützer in der kreativen Phase der Lösungsfindung sein. Nichsdestotrotz stoßen wir in unseren Projekten immer wieder auch auf Grenzen der beiden Modelle, da sie entweder nicht ganz zum Gesundheitskontext passen, die englischen Begriffe in der Praxis manchmal hinderlich oder nicht konkret genug sind oder auch kleinere wichtige Elemente nicht erwähnt werden wie zum Beispiel Role-Model-Effekte. Wir arbeiten daher gerade an einem deutschsprachigen Modell, welches die Anwendung im Gesundheitswesen noch einmal erleichtern soll.
Wo finde ich tiefergehende Literatur zum Thema?
Autor: Dr. med. Mathias Krisam
Arzt und Geschäftsführer
Schreib dem Autor für Feedback oder weitere Fragen zum Thema: mathias.krisam@laeuft.eu