Nudging in der Kantine

Einer der wohl größten Einflussfaktoren auf unsere Gesundheit ist bekanntlich unser Ernährungsverhalten. Tatsächlich ist auch der Themenbereich Ernährung sicherlich das Gebiet, in dem Nudging bereits am weitesten fortgeschritten ist. Und das gilt sowohl für die praktische Anwendung als auch für das akademische Feld. Gerade deshalb ist es umso bedeutsamer die bereits erprobten Potenziale von Nudges für gesundheitsförderndes Essverhalten flächendeckend in die Umsetzung zu bringen. Um mittels dieser Erkenntnisse so schnell wie möglich durch wenig Aufwand einen möglichst großen Effekt zu erzielen, bieten sich vor allem Betriebsgastronomien oder Kantinen an. Denn diese haben nicht nur eine große Reichweite, sondern stellen auch für viele Arbeitenden durch die (fast) tagtägliche Nutzung einen routinierten Ablauf dar.  Wir wollen hier auf die zentralen Beispiele eingehen, wie man Nudging sehr unkompliziert in der Betriebsgastronomie einsetzen kann: 

Um sich ein bisschen konkreter vorstellen zu können, welche genauen Techniken Betriebsgastronomien nun einsetzen können, haben wir die Ansätze in vier Grundprinzipien aufgeteilt:
Verfügbarkeit, Attraktivität, Convenience und Hervorhebung.

Abbildung 1: Vier Grundprinzipien beim Einsatz von Nudges in Betriebskantinen

Sicherlich kein Nudge: Verfügbarkeit

Um überhaupt die Kundinnen und Kunden einer Betriebsgastronomie dazu zu bewegen, gesunde Essvarianten zu wählen, sollten gesunde Gerichte zunächst einmal Teil des Angebots sein. Wenn auch vielleicht selbstverständlich, aber die Verfügbarkeitgesunder Optionen stellt eine Grundvoraussetzung dar. Sobald diese gegeben ist, können die folgenden drei Nudge-Prinzipien dafür sorgen, dass das verfügbare gesunde Angebot auch im Gegensatz zu anderen Gerichten ausgewählt wird.

Attraktivität

Die Attraktivität des Gerichts bzw. der gesunden Option spielt eine große Rolle. Und zwar geht es darum, das Produkt ansehnlicher zu machen und dadurch in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken. Für die Umsetzung gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten:
Eine ohnehin bereits oft genutzte Methode, um zum Beispiel auf ein Tagesangebot hinzuweisen, sind Präsentierteller. Warum nicht einfach das gesunde Tagesgericht für den Präsentierteller auswählen? Dabei ist natürlich auch wichtig, das Gericht schön auf dem Teller anzurichten. Unterstützt werden kann der Effekt zusätzlich durch die Anreichung mit schönem Geschirr.

Außerdem kann die gesunde Option ansehnlicher präsentiert werden, indem es durch passendes Licht hervorgehoben wird. Dabei sollten gesunde Speisen gut ausgeleuchtet werden (siehe Abbildung 2). Es helfen auch auf die gesunden Speisen gerichtete Spiegel oder Punkt- und Kaltlichter.

Abbildung 2: Ausleuchtung gesunder Speisen

Die Umgebung lässt sich auch nutzen, um durch Priming den Attraktivitätsfaktor der gesunden Ess-option zu verstärken. Und zwar sind zum Beispiel Wandbilder mit gesunden Motiven oder auch kreative und ansprechende Dekoration hilfreich. Weitere Tipps sind die Wahl eines attraktiven Namens (z.B. nach bekannten Fußballspielern bei Kinderspeisen) für das hervorzuhebende Gericht sowie das Angebot einer Gratisbeilage: „Bei Wahl dieses Gerichtes erhalten Sie einen Apfel gratis dazu“!

Convenience

Das Prinzip Convenience zielt darauf ab, gesundes Essen so leicht wie möglich „konsumierbar“ zu machen. Auch dafür gibt es viele Varianten, die sich gut und einfach umsetzen lassen.

Ein beliebtes Nudging-instrument ist der Einsatz von Defaults. Auch in Betriebsgastronomien lässt sich diese Technik einsetzen, indem die gesunde Option als Default-Essen, also Standardoption angeboten wird. Um die Wahlfreiheit bei den Kund*innen zu erhalten, sind andere Gerichte natürlich auch wählbar. Dies muss dann allerdings aktiv ausgewählt werden und man muss von der gesunden Standardoption abweichen.

Wie bereits erwähnt, spielt die Produktplatzierung eine große Rolle und hat gerade in Bezug zu „Convenience“ einen großen Stellenwert. Hier haben wir ein paar Beispiele aufgelistet, die sich gut einsetzen lassen, um gesunde Speisen so zu platzieren, sodass sie einfach wählbar sind:

  • Salatbuffet im Eingangsbereich der Betriebsgastronomie bzw. an erster Stelle der Buffet-reihenfolge positionieren
  • Getränke im Kühlschrank umstrukturieren, so dass gesunde Varianten griffbereit auf Augenhöhe stehen
  • Gesunde Speisen näher an den Verbraucher*innen platzieren, z. B. im Dessertbereich den Obstsalat vor das schokoüberzogene Croissant stellen
  • Obst zusätzlich in Wartebereichen platzieren, vor allem an der Kasse
Abbildung 3: Platzierung gesunder Speisen

Eine weitere Möglichkeit bietet das Angebot verschiedener Portionen: groß, klein oder mittelgroß. Auch das Angebot von Obst sowohl ganz also auch geschnitten ist ratsam. Beide dieser Aspekte zielen darauf ab, die gesunde Variante in jedem Fall wählbar zu machen, egal wie der Wunsch der Kund*innen aussieht. „Ausreden“, wie eine zu große Portion und das damit verbundene Nicht-Auswählen der gesunden Option, werden dadurch vermieden.

Zusätzlich ermöglichen To-Go Varianten, wie zum Beispiel ein Obstsalat-To-Go und ein zeitlich längeres Angebot der gesunden Varianten sowie ein ständiger Nachschub der gesunden Speisen, die Convenience und somit die Wahl von gesundem Essen.

Hervorheben

Das vierte Grundprinzip ist die Hervorhebung. Zusätzlich zum Grundprinzip der Attraktivität des gesunden Gerichts selbst, ist es wichtig, auch auf das gesunde Essen aufmerksam zu machen. Hierzu bieten sich ebenfalls eine Vielzahl an Kommunikations-Kanälen an:

  • Die gesunde Variante an 1. Stelle auf dem (Tages-) Menü und/oder auf der Anzeige-Tafel anzeigen
  • Vorab per Mail oder Newsletter auf gesunde Varianten hinweisen und empfehlen
  • Persönliche Ansprache durch das Gastronomie-Personal an die Kund*innen – wenn möglich – und Hinweis auf gesunde Optionen
  • (Poster-) Aushang an Pinnwänden o.Ä. mit Verweis auf gesundes Essen

Außerdem lassen sich weitere visuelle Effekte zur Hervorhebung nutzen. Der Einsatz von grüner Farbe für Regale, Vitrinen oder Dekorationen sorgt für ein wohlfühlendes, frisches Ambiente. Die Wohfühl-Umgebung beeinflusst die Essenswahl. Eine weitere beliebte Nudging-Methode im Ernährungsbereich, die sich auch in Betriebsgastronomien einfach einsetzen lässt, ist die Lebensmittelampel. Hierbei wird visuell deutlich, welches Gericht eher gesund (grüne Ampelfarbe) und welches eher nicht so gesund (rote Ampelfarbe) ist. Jedes Gericht wird mit einer solchen Ampel gekennzeichnet und deutet auf den Gesundheitsgrad hin.

Abbildung 4: Lebensmittelampel

Wie immer geht es beim Nudging um die Gestaltung der Entscheidungsarchitektur, also der Umgebung. Auch in Betriebskantinen wird durch die Umgebung, die Präsentation und das Angebot das Essverhalten der Kund*innen beeinflusst. Durch kleine Anpassungen können ohne großen Aufwand große Ziele in Richtung gesunder Essgewohnheiten erreicht werden ohne die Wahlfreiheit zu beschränken. Der Schlüssel zum Erfolg ist die Kombination und das gemeinsame Ausspielen aller Maßnahmen.

Weiterführende Literatur

Du hast Fragen zu Nudging und wie du es bei deinen Herausforderungen am besten einsetzen kannst?
Dann schreib uns eine Mail an: info@laeuft.eu

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